Warum Zukunftswissenschaft?

The Future is not out there, waiting to be discovered;
futures are in here, waiting to be created.
Graham May

Es ist Nacht. Es ist schlechtes Wetter. Ein Auto fährt eine Gebirgsstraße entlang. Die Straße wird immer enger und kurvenreicher und der Fahrer hat keine Karte. Überleben wird zu einer Sache der Vorausschau. Starke Scheinwerfer und schnelle Reaktion sind jetzt gefragt.

Die aktuelle Situation von Unternehmen und gesellschaftlichen Akteuren ist damit vergleichbar. Globalisierung und Liberalisierung hat die Märkte unübersichtlich gemacht; kurvenreich sozusagen. Der technische Fortschritt sorgt für immer mehr Überraschungen: Dunkelheit sozusagen. Unerwartete Ereignisse wie die Welt-Finanzkrise, Protektionismus auf den Weltmärkten, der Brexit usw. verändern die Welt die wir kennen von einem Tag auf den Anderen: schlechtes Wetter sozusagen. Anders als ein Autofahrer kann ein Unternehmen aber nicht auf die Bremse treten ohne im Wettbewerb zu verlieren und eine Bremse für den technischen Fortschritt gibt es sowieso nicht.

Zukunftswissenschaft und (Corporate bzw. Strategic) Foresight sind wie Scheinwerfer, die um die Kurve leuchten. Dabei geht es nicht darum die Zukunft vorherzusagen. Das war und ist nicht möglich. Es geht darum, auf die Zukunft vorbereitet zu sein, eine Karte der Zukunft zu entwerfen und angesichts einer verwirrenden und widersprüchlichen Faktenlage Gestaltungsspielräume zu erkennen, zu öffnen und Handlungsfähigkeit zu erlangen.

Zukunftswissenschaft verstehe ich als Synonym für die englische Bezeichnung “Futures Studies”. Futures meint Zukünfte - Zukunft in die Mehrzahl gesetzt. Das sind nicht nur die oft erwähnten Szenarien, sondern zum einen die Betrachtung möglicher, plausibler und vor allem auch wünschenswerter Zukünfte. Zum anderen verstehe ich darunter den produktiven Umgang mit prognostizierbaren, antizipierbaren, vor allem aber nicht-antizipierbaren Zukünften. Studies meint eine Vielzahl möglicher Wissenszugänge. Da die Zukunft nicht als Faktum existiert, spielen Erwartungen und Wahrnehmungen eine wesentliche Rolle in der Problemdefinition. Da Zukunft in vielerlei Hinsicht gestaltbar ist, haben neben den Ansätzen der Zukunftsforschung mit ihren Prognosen, Szenarien und Trends auch visionäre Ansätze und soziale Gestaltungsprozesse einen festen Platz im Methodenrepertoire.

Zukunft will nicht nur ermessen sondern auch erschaffen sein!