Kapitel 16 Portfoliomanagement von Innovationsprojekten
Mit diesen drei Portfolios wählen Sie die richtigen Chancen aus, schaffen ein Gleichgewicht zwischen kurz- und langfristigen Chancen in Ihrer Innovationspipeline und steuern auf einen pünktlichen Markteintritt zu.
16.1 Beschreibung
Auf einem Bein kann man nicht gut stehen, wie der Volksmund schon sagt. Portfoliomanagement diente ursprünglich dazu, den finanziellen Wert eines Bündels von Investitionen zu maximieren. Im Innovations- und Foresightbereich kommt dem Portfoliomanagement nicht nur die Aufgabe zu, und den Wert der gesamten Innovationsaktivitäten für das Unternehmen zu maximieren, sondern auch verschiedene Aspekte der Innovationsaktivitäten untereinander in Einklang zu bringen.
Zum Beispiel sollen Innovationsaktivitäten nicht ausschließlich auf kurzfristige Erfolge ausgerichtet werden sondern auch gezielt mittel- und langfristige neue Erfolgspotentiale aufbauen helfen. Deshalb soll nicht alleine der finanzielle Wert berücksichtigt werden, denn dadurch werden mit Ungewissheit behaftete zukünftige Technologien und Innovationen gegenüber scheinbar gewissen und darüber hinaus mit geringen Aufwendungen zu realisierenden Weiterentwicklungen aktueller Produkte und Leistungen benachteiligt.
16.2 Einsatzgebiet
- Einheitliche Bewertung und Auswahl von Innovationsprojekten
- Management von Innovationsprojekten
- Balance des Innovationsportfolios zur Chancen- und Risikooptimierung
- Unternehmensentwicklung
TIPP: Portfolio-Techniken können eine Strategie nur unterstützen, nicht ersetzen!
16.3 Einbindung
Das Portfoliomanagement ist regelmäßiger Teil der Bewertung des vorhandenen Projektportfolios und der Auswahl neuer Innovationsprojekte z.B. aus Foresight. Es ist Teil des strategischen Managements und strategischen Innovationsmanagements.
16.4 Durchführung
In Praxis und Wissenschaft sind eine große Anzahl unterschiedlicher Portfolios in Gebrauch. Über 100 Variablen werden in der Literatur für die Bildung von Portfolios herangezogen [1]. Wir stellen Ihnen hier drei der in den Projekten von aveniture langjährig bewährten Portfolios vor. Die bei den Portfolios angegebenen Kriterien können Sie als Anregung nutzen, um an Ihr Unternehmen angepasste einheitliches Punktesysteme und Kriterien festzulegen.
16.4.1 Portfolio 1: Die richtigen Chancen wählen: Erfolgspotential / Umsetzungsaufwand
Dieses Portfolio können Sie z.B. als Eingangsfilter in den Innovationsprozess nutzen, um die Prioritäten für die Bearbeitung von Innovationsideen festzulegen. Je höher die Erfolgswahrscheinlichkeit und je geringer der Umsetzungsaufwand ist, desto attraktiver ist eine Innovation für das Unternehmen.
Vertikale Dimension (Y-Achse):
Attraktivität
Kriterium | Ausprägung |
---|---|
Kundeninteresse | Wird vermutet / ist bestätigt / konkrete Anfrage liegt vor / konkreter Vertrag ist abgeschlossen |
Produktvorteil | Leistung bzw. Produkt sind dem Wettbewerb unterlegen / ebenbürtig / überlegen. |
Marktattraktivität | Schrumpfender Markt / konstanter Markt / wachsender Markt |
Strategische Passung, Eigeninteresse | Es besteht keine Passung / Passung mit Einzelmaßnahme / Passung mit mehreren Maßnahmen |
Zukunftspotenzial (“Leverage-Effekt”) | keine Folgeverwertung / Stärkt heutige Kompetenzen / baut zukünftig wichtige Kompetenzen auf |
Horizontale Dimension (X-Achse)
Umsetzungsaufwand
Kriterium | Ausprägung |
---|---|
Technische Ausrüstung für die Entwicklung | Sind vorhanden / teilweise neu / überwiegend neu |
Benötigte Produktionsmittel/ Fertigungskapazität | Sind vorhanden / teilweise neu / überwiegend neu |
Marktkenntnis: Absatzwege/ Kundenbeziehung; Distribution | Die Innovation nutzt gegenwärtige / teilweise neue / überwiegend neue Absatzwege und Kundenbeziehungen |
Organisation | Die Innovation macht keine Reorganisation / teilweise Reorganisation / umfassende Reorganisation erforderlich. |
Benötigtes Personal, Kompetenzen, Know-how | Sind vorhanden / teilweise anzuwerben oder aufzubauen / überwiegend anzuwerben oder aufzubauen |
16.4.2 Portfolio 2: Ein ausbalanciertes Innovationsportfolio sicherstellen: Kommerzielle vs. Technische Innovationshöhe
Ihr Innovationsportfolio sollte weder zu gegenwarts- noch zu zukunftslastig sein. Mit diesem Portfolio stellen Sie die Balance zwischen Wachstum- und Innovation sicher. Die drei Felder des Portfolios sollten - wenige große Chancen auf den fünf äußersten Feldern: bahnbrechende und radikale Innovationen - Eine nennenswerte Anzahl mittlerer und großer Chancen durch inkrementeller Innovationen auf den mittleren drei Feldern - eine große Anzahl von Chancen aller Größen im Feld unten links bei der Pflege des aktuellen Produkt- und Dienstleistungsspektrums.
Vertikale Dimension (Y-Achse)
Marktneuheit
Kriterium | Ausprägung |
---|---|
Anwendung | Die Anwendung des Produkts ist bekannt, neues Produkt in bekannter Anwendung, neue Anwendung für bekanntes Produkt, neue Anwendung |
Kunden | Die Kunden für das Produkt / die Leistung sind bekannt, teilweise bekannt, überwiegend neu |
Absatzregion | Das Produkt / die Leistung wird überwiegend in bekannten Regionen, teilweise oder überwiegend in neuen Regionen vertrieben werden |
Horizontale Dimension (X-Achse)
Produktneuheit
Kriterium | Ausprägung |
---|---|
Technologien | Die genutzten Technologien sind bekannt, teilweise oder überwiegend neu. |
Produkt / Leistung | Das Produkt / die Leistung ist überwiegend bekannt, verbessert oder verändert, teilweise oder überwiegend neu |
Geschäftsmodell | Die Innovation im bestehenden Geschäftsmodell durchführbar, es ist ein neues Geschäftsmodell erforderlich. |
16.4.3 3. Portfolio: Zeitperspektive: Verbleibender Bearbeitungsaufwand vs. Zeit bis zum Markteintritt
Der verbleibende Bearbeitungsaufwand sollte einem gesunden Verhältnis zur Zeit bis zum Markteintritt stehen.
Im vorgeschlagenen Portfolio weichen verspätete Projekte ‘nach oben’ von der Diagonale des Portfolios ab. Sie können dann Maßnahmen definieren, um gegenzusteuern. Z.B. den Rückgriff auf externe Kapazitäten, interne Ressourcenverschiebung oder eine Terminverschiebung. Wie alle Projektplanungsinstrumente lebt dieses Portfolio von der Ehrlichkeit der Bewertung.
Vertikale Dimension (Y-Achse)
Der bis zum Markteintritt verbleibende Aufwand (nicht der Gesamtaufwand!) für das ‘Projekt’
Horizontale Dimension (X-Achse)
Die verbleibende Zeitspanne bis zum Markteintritt. Sie ergibt sich entweder aus einer Anforderung des Kunden oder einer internen Planung (z.B. häufig ein Messetermin)
16.5 Fazit
Die richtigen Chancen wählen
Je höher die Erfolgswahrscheinlichkeit und je geringer der Umsetzungsaufwand ist, desto attraktiver ist eine Innovation für das Unternehmen. Wenn Sie alle Chancen nach einem einheitlichen Punktesystem bewerten können Sie mit diesem Portfolio die besonders attraktiven erkennen.Ein ausbalanciertes Innovationsportfolio sicherstellen
Kommerzielle vs. Technische Innovationshöhe
Die drei Felder des Portfolios sollten
wenige große Chancen auf den fünf äußersten Feldern: bahnbrechende und radikale Innovationen
Eine nennenswerte Anzahl mittlerer und großer Chancen durch inkrementeller Innovationen auf den mittleren drei Feldern
eine große Anzahl von Chancen aller Größen im Feld unten links bei der Pflege des aktuellen Produkt- und Dienstleistungsspektrums.
- Rechtzeitig an den Markt kommen
Verbleibender Bearbeitungsaufwand vs. Zeit bis zum Markteintritt Der verbleibende Bearbeitungsaufwand sollte einem gesunden Verhältnis zur Zeit bis zum Markteintritt stehen
16.6 Weiterführende Informationen
[1] Interne Studie Aveniture GmbH 2013